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18.10.2016 Brunsbrocker Abend

Ökumenereferent Propst Gert Kelter zu Gast beim Brunsbrocker Abend

Es war bereits der 21. Brunsbrocker Abend, der am 18. Oktober 2016 im Müllerhaus, dem örtlichen Dorfgemeinschaftshaus in Brunsbrock, stattfinden konnte.
Die St. Matthäus-Gemeinde Brunsbrock hatte zu einem Vortrag unter dem Thema „Martin Luther -  Ökumeniker oder  Kirchenspalter“ eingeladen und konnte den Propst der Region Ost der SELK, Pfr. Gert Kelter aus Görlitz, und zugleich Ökumenereferent der Gesamtkirche, begrüßen.
Kelter machte deutlich, dass sich diese Frage für ihn nicht eindeutig mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten lasse.
Allerdings sei die Veröffentlichung seiner 95 Thesen am 31. Oktober 1517, in welcher Form auch immer diese stattgefunden habe, durchaus mit Grund für die spätere Kirchenspaltung gewesen.
In diesen Thesen geht es darum, die Praxis des Ablasshandels zu kritisieren und nicht die Idee des Ablasses. Der Referent machte deutlich, dass es sich bei einem Ablass, den es übrigens heute noch in der römisch-katholischen Kirche gibt, ein streng geregelter Ritus ist, an dessen Ende nach vollständiger Aufzählung der Sünden und nach Reue gegenüber dem Priester in der Beichte, die Vergebung der Sünden durch den Priester steht. Da aber oft nicht alle auferlegten Kirchenstrafen (Bußauflagen) abgebüßt werden können, wie z.B. durch Pilgerfahrten, hat die römisch-katholische Kirche nach ihrem Kirchenrecht die Möglichkeit Ablässe zu erteilen. Interessant war es zu hören, dass Luther zur damaligen Zeit dieses überhaupt nicht in Frage gestellt hat.
Vielmehr kritisierte dieser, dass durch den Dominikaner Tetzel der Ablasshandel ausartete, weil Tetzel den Kauf von Ablässen als wirksamer darstellte als gute Werke und ihnen sündentilgende Wirkung zusprach.
Kelter machte deutlich, dass es Luther zunächst darum ging, diesen Missbrauch bei Erzbischof Albrecht von Brandenburg anzuprangern. Dieser und auch Papst Leo X.  in Rom, hatten inzwischen aber Gefallen gefunden an die durch den Ablasshandel gemachten Einnahmen und ließen den Handel weiter geschehen. Da Luther aber weiterhin gegen diesen Handel protestierte, eskalierte der Streit, an dessen Ende 1520 die Bannandrohungsbulle von Papst Leo X  und Luther schließlich im April 1521 auf dem Reichstag von Worms für vogelfrei erklärt wurde.
Spätestens jetzt war die Kirchenspaltung erfolgt. Dies bezweckte Luther nie, sondern es hatten sich in der Zwischenzeit Lager in der Gesellschaft gebildet, in denen man entweder auf Seiten des Papstes oder auf Seiten Luthers stand. Luther selbst, so der Referent, konnte gar nicht absehen, was er mit seinen Thesen und Schriften befördert hatte. Er stach mehr oder weniger unbewusst, in ein „Wespennest aus kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Problemen“. Dem Reformator ging es nur um die Beseitigung der Missstände in der römisch-katholischen Kirche – auch wenn er später den Ablasshandel vollkommen verwarf. Wäre es zu einem von ihm geforderten Konzil gekommen, auf dem sich mit den Thesen und den Missständen in der damaligen Kirche wirklich auseinandergesetzt worden sei, wäre es vermutlich nie zu einer Kirchenspaltung gekommen.


Im zweiten Teil seines Vortrages ging Kelter der Frage nach, was man nun vor diesem Hintergrund für die Ökumene heute lernen könne.
Unter Ökumene bezeichnet man im heutigen Sprachgebrauch den Einsatz für die Wiederherstellung der zerbrochenen  Einheit der Kirche, so der Propst. Seit Jahren und Jahrzehnten haben ökumenische Kommissionen beraten und Konsenspapiere erarbeitet, die aber nach Meinung des Referenten die Perspektive einer kirchlichen Wiedervereinigung nicht sonderlich verbessert hätten, weil unterschiedliche Sichtweisen im Hinblick auf das Abendmahl, die Lehre von der Rechtfertigung, die Amtsfrage, die päpstliche Unfehlbarkeit, die Bedeutung der Gottesmutter Maria und die Stellung der Heiligen nicht von der Hand zu weisen sind. Daraus dürfe man aber nach Kelter nicht folgern, dass ökumenische Gespräche sich nicht lohnten. Im Gegenteil, sie fördern das Verstehen der jeweils anderen Position und führen somit zu mehr Toleranz.
Der Referent beendete seinen Vortrag mit einer Aussage von Papst Franziskus aus dem Juni 2016, wonach er sinngemäß sagte - wir suchen heute den Weg um uns nach 500 Jahren zu treffen, das ist ein langer Weg. Inzwischen müssen wir zusammen für den Frieden wirken und für die Ökumene beten.

„Brunsbrocker Abende“ gibt es als öffentliche Veranstaltungen der örtlichen SELK-Gemeinde seit 2009. Generell sollen sie dazu dienen, einen Raum zu öffnen, um über brennende Fragen in Kirche und Gesellschaft ins Gespräch zu kommen.

Zurzeit stehen besonders Themen im Hinblick auf das Reformationsgedenken im Mittelpunkt der Abende. Der nächste Brunsbrocker Abend ist für das Frühjahr 2017 geplant.