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Das Mittelalter zur Zeit Luthers

Es war keineswegs nur das „finstere Mittelalter“, sondern eine sehr bewegte Zeit, eine  Zeit voller Umwälzungen und Neubildungen, das Zeitalter der Erfindungen und Entdeckungen. Ohne die Erfindung der Buchdruckerkunst durch Gutenberg (um 1450) zum Beispiel wäre die schnelle Verbreitung der reformatorischen Schriften Luthers nicht möglich gewesen. Die überseeischen Entdeckungen (Kolumbus 1492) weiteten den Blick und schufen neue wirtschaftliche Verhältnisse. Die Renaissance-Zeit  (15. Jahrhundert) brachte eine Wiederbelebung des klassischen Altertums. Die alten Sprachen wurden wieder entdeckt:

Joh. Reuchlin (1455 – 1522) schuf die sprachlichen Grundlagen für das Studium des Alten Testamentes im hebräischen Urtext, der Humanist Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536) veröffentlichte 1516 die erste Ausgabe des griechischen Neuen Testamentes, beides Voraussetzungen für Luthers Bibel-Übersetzung.
Die politische Lage in Deutschland war bestimmt durch die zunehmende Macht und Herrschaft der einzelnen Fürsten-  und Kurfürstentümer.  Auf dem Deutschen Kaiserthron saß der spanische König Karl V. (1519 – 1556). So hatten es die deutschen Kurfürsten entschieden. Für den Verlauf der Reformation war das von schicksalhafter Bedeutung.  Einerseits konnte so zum Beispiel der sächsische  Kurfürst Friedrich der Weise (1486 – 1525) gegen den Willen des Kaisers  Luther beschützen und seine Reformen unterstützen. Andrerseits bewirkte aber das entstehende Territorialstaatensystem die politische Auflösung des Deutschen Reiches.

Das Papsttum war im 15. Jahrhundert der vollkommenen Verweltlichung erlegen. Macht und Geldgier bestimmten das Handeln vieler kirchlicher Würdenträger. Die Korruption beherrschte die kirchliche Finanzwirtschaft. Reformbestrebungen, die es immer wieder gab, wurden unterdrückt. Am stärksten kritisiert wurden damals die sittlichen Zustände, das schandbare Leben der Renaissance-Päpste (besonders Rodrigo Borgia als Papst Alexander VI.), vieler  Kardinäle und Bischöfe mit ihren Kurtisanen und Mätressen. Dazu kam das skandalöse Leben vieler Priester und Mönche. Nicht wenige Kleriker lebten ganz offen im Konkubinat.  In der Regel wurde das Übel geduldet, wenn eine Geldstrafe gezahlt wurde.

Ein erfreulicheres Bild boten dagegen die vor allem in den Städten angestellten Prediger. Sie waren meist akademisch gebildet, auch ihre sittliche Haltung war unantastbar. Viele Reformversuche gingen von ihnen aus.
Trotz aller berechtigten Kritik am Papsttum und am Klerus hielt das Kirchenvolk  am katholischen  System fest. Gerade das 15. Jahrhundert war höchst religiös. Nur deshalb konnte die Reformation ein ganzes Volk ergreifen. Äußere Formen, feste Ordnungen, Gelübde und fromme Übungen prägten das kirchliche Leben – und eine gewisse Angst, Angst nicht vor der Hölle, der ewigen Verdammnis, sondern Angst vor dem Fegfeuer. Die Heiligenverehrung  nahm zu, besonders  die Verehrung der Maria, die geradezu als die versöhnende, erlösende Person angesehen und verehrt wurde.  In Christus sah man weithin nur den „zornigen Richter“. Für jedes Land, jede Stadt, jede Kirche, ja für jede Krankheit, jede Not, jeden Stand, selbst für das Rind im Stall gab es einen eigenen Schutzheiligen. Der Reliquienkult und auch die Wallfahrten zu den Heiligtümern erlebten eine neue Blütezeit. Den Hexenwahn und den damit verbundenen Volksaberglauben hatte die  Kirche stets verworfen. Ab dem 13. Jahrhundert  ging sie aber doch auf ihn ein und fügte ihn in das kirchliche Lehrsystem ein. 1484 n. Chr. begannen auch in Deutschland die Hexenprozesse. Alles in allem: die Zeit war reif für eine umfassende Erneuerung.

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